Ein aktuelles Thema, wie das aus einer andere Perspektive, aus Sicht und Haltung der GFK, möglich wäre…

Bin im 20min auf diese Headline gestossen: Das hilft, wenn das Kind einen zur Weissglut treibt

Das hatte ich früher auch sehnlichst gesucht: was kann ich tun, wenn die Kinder nicht so tun wie sie sollen.

Heute sehe ich das „etwas anders“ und in mir wurde beim Lesen der Headline sowohl Bedauern als auch Widerstand wach und die sich so zeigende Neugier auf den Inhalt liess mich den Artikel lesen.

Es geht primär um physische Gewalt der Eltern in der Erziehung der Kinder. Dass es sowas wie emotionale oder psychische Gewalt gibt und was dagegen hilft, gerade im leider üblichen Ranggefälle Eltern-Kinder, wird im Artikel leider nicht angesprochen.

Mir fallen folgende Sätze auf, die ich in diesem Blog aus Sicht der GFK beleuchte, in der Hoffnung sie mögen zum Nachdenken und Reflektieren inspirieren.

„Mit einer guten emotionalen Beziehung und einem respektvollen Umgang lassen sich klare Grenzen ziehen, die beidseitig respektiert und eingehalten werden. […] Hier sollten eine klare Haltung und Linie erkennbar sein.“

Wer setzt da die Grenzen und ist das Kind aufgrund seiner Erfahrung mit den Eltern in der Lage, die eigenen Grenzen selber zu benennen? Oder wird dem lieben Frieden willen (oder aus nackter Angst) den elterlichen Grenzen zugestimmt? Und wenn die Grenzen nicht eingehalten werden, wird dann eingefordert und die Beziehung ausser acht gelassen? Bekommt da die „emotionale Beziehung“ eine neue Bedeutung, weil die starre Forderung der Eltern Emotionen als Druck- und Machtmittel verwenden?

Als klare Haltung und Linie wünsche ich mir nicht die Regeln und Normen die wir einmal oder immer wieder gemeinsam setzten, sondern das stete aufeinander Eingehen im MOMENT – ohne „das haben wir doch abgemacht“.

„Im Provozieren sind auch die Bedürfnisse des Kindes enthalten. Diese sollten erkannt werden. Es muss nicht in diesem Moment sein, aber es hilft für die Zukunft. Kinder müssen spüren, dass sie ernst genommen werden.“

Alles was Menschen tun, sind Versuche, ihre Bedürfnisse zu erfüllen (Zitat Marshall Rosenberg). Diese sind jedoch meist unklar. Ein Nachfragen „was hast du denn jetzt für ein Bedürfnis“ hilft also kaum weiter. Da braucht es Übung in Empathie, damit ich mit meinem Gegenüber dessen Bedürfnisse erkennen kann. Dann wird das „ernst genommen“ Wirklichkeit.

Doch: wenn mein Kind „provoziert“, bin ich schon in der Verurteilung des Kindes. Negierend, dass in mir etwas anklingt, das auf ein nicht erfülltes Bedürfnis bei mir hindeutet und gebe dem Kind die Schuld dafür. Aus dieser Haltung, in der ich meine eigene Verantwortung für mich NICHT übernehme, kann ich dem Kind beim besten Willen nicht empathisch begegnen und seine Bedürfnisse kaum hören. Selbst wenn ich GFK kenne, kann ich dann allenfalls so sprechen, ich lebe die Haltung jedoch nicht.

„Der soziale Druck, der auf Eltern liegt, ist enorm. Man erwartet, dass […] man in einer «Bilderbuchfamilie» lebt.“

Get rid of the social crap (Werde den sozialen Mist los. Zitat Marshall Rosenberg). Wie kann ich mich leben und Teil der Gesellschaft bleiben? Die Frage hat auch schon C.G. Jung intensiv beschäftigt und genau das bringen viele Teilnehmende als Frage in die GFK Trainings.

Ein anderes Zitat von Marshall Rosenberg: Wenn du glaubst, es gäbe sowas wie schlechte Eltern, hast du verloren.

Wessen Bedürfnisse zählen denn in meinem Leben im MOMENT? Sind das diejenigen von denen ich denke, die anderen Menschen könnten sie haben, doch ich habe nie danach gefragt? Oder sind das meine? Oder sind das deine und meine – im lebendigen, berührenden Austausch?

„Da darf man sich erlauben, sich Rat zu holen.“

Hole ich Rat um Muster durchbrechen zu lernen, also anders zu werden? Möchte ich denn wirklich etwas verändern, also unsicher werden, Misserfolge haben und lernen?

Oder hole ich mir Rat um Bestätigung oder Absolution meines bisherigen Verhaltens zu erhalten?

 

Meine Schlussgedanken …

Solange Erwachsene an andere Menschen ein Etikett „Kind“ heften, sie deshalb anders behandeln und sich dazu auch berechtigt denken, werden „Erwachsene“ mit „Erziehung“ Probleme haben (und Kinder mit ihren Eltern).

Seit ich mir bildlich vorstelle, wie ich meine Kinder „er-ziehe“ (in welche Form muss ich da das Kind ziehen und dehnen, weil es nicht die gewünschte Form hat?), gehe ich lieber in Verbindung und bin neugierig auf uns beide. Dabei begegne auch ich meinen Grenzen, und ich bin meinen Kindern dankbar, dass ich meine Grenzen sehen darf. Und ich bin mir dankbar, dass ich meine Kinder nicht mehr als Grenzüberschreiter sehe.

Bin gespannt auf Feedback und Kommentare 🙂