Die Dame am Empfang des Geschäftshauses registriert den Handwerker als Besucher und händigt ihm den Badge für die Zutrittskontrolle aus. Der geht seiner Arbeit in den oberen Etagen nach und sie ihren Aufgaben am Empfang.

Etwa eine halbe Stunde später kommt der Empfangsdame zu Ohren, dass in einem der Obergeschosse fünf Handwerker am arbeiten sind. Sie greift zum Telefon und ruft den Handwerker an, den sie registriert hatte: „Aber das geht ja nun gar nicht! Sofort alle runterkommen! Was fällt ihnen eigentlich ein?! Ohne Registrierung läuft hier nichts, geht es ihnen eigentlich noch?“ Der Hörer landet scheppernd auf dem Tischapparat.

Wenige Minuten später stehen vier Handwerker etwas geduckt und sich etwas rumdrucksend in der Empfangshalle, während sich der eine Handwerker vor der Empfangsdame aufbaut, sich streckt und gleichzeitig für mich unhörbar etwas sagt. Die Antwort ist wiederum gut hörbar: „Ich hab ihnen gesagt JEDER – JEDER – muss registriert sein, was fällt ihnen eigentlich ein? Geht’s noch? Was fällt ihnen ein, einfach andere reinzulassen, ohne all das? Fahrlässig, unverantwortlich! ..:“

Da wird auch der Handwerker hörbar: „Moment, also das haben sie nun wirklich nicht gesagt“ – „Blödsinn, sich auch noch rausreden – JEDER, und jetzt: los, alle her!“ – „ja also so nicht!“ – „dann raus hier!“ – „ich muss hier arbeiten, wir müssen hier arbeiten…“ – „also los jetzt: herkommen, registrieren!“ … das weitere Gespräch ist nicht mehr hörbar und auch nicht mehr relevant für diesen Blog.

Was geschah?

Dasselbe wie in GFK-Einsteiger und zu Begin der GFK-Practitioner Seminaren: Da sehen sich Menschen betroffen von dem was ein anderer macht oder sagt. Verteidigung oder Angriff werden ausgelöst – in Sekundenbruchteilen. Was wiederum ähnliches beim Gegenüber auslöst und die Situation erhitzt sich. Solange, bis einer sich unterordnet, aufgibt und das Feuer keine Nahrung mehr bekommt. Äusserlich beruhigt es sich, innen drin geht das jedoch noch lange weiter…

Teilnehmende an unseren Seminaren berichten oft von „ich kann da nichts machen, das kommt einfach automatisch. Ich will das nicht, doch kann nicht anders“ oder ähnlichem.

Für mich tief berührend sind im GFK-Practitioner die Momente, wenn die neue Haltung anfängt wirksam zu werden. Wie zum Beispiel kürzlich in einer Übungssequenz zu zweit, der eine Teilnehmer bewusst etwas für den Anderen herausforderndes sagt und dieser wie aus der Pistole geschossen reagiert:

„Ja jetzt aber …. ou läck !…. wow …. Moment …. ähhh …. da mache ich jetzt mal lieber Selbstempathie! – Wie toll ist denn das: ich hab’s gemerkt und kann selber entscheiden, das Gespräch anders machen! Cool!“

Das ist was mich antreibt beim Seminar geben: Menschen in eine andere Haltung zu begleiten, dass die automatische Reaktionen bewusst werden und dann auch verändert werden. Hin zu der hypothetischen Situation, wie ich sie mir gewünscht hätte am Empfang – die Involvierten hätten das wahrscheinlich auch selber geschätzt: „Ich hab ihnen gesagt JEDER – JEDER – muss registriert sein, was fällt ihnen eigentlich ein? Geht’s noch? Was fällt ihnen ein, einfach andere reinzulassen, ohne all das? Fahrlässig, unverantwortlich! ..:“ Da wird auch der Handwerker hörbar: „Hmmm, ja, das scheint ihnen ganz arg wichtig zu sein, dass hier alles seine Richtigkeit hat und auch alles Sicher ist, da sind sie grad wirklich aufgebracht und wären froh um Kooperation was sie echt entspannen würde?“ – „ja, genau, wo kämen wir denn sonst hin! Sollten sie mal vorher so denken Mann!“ – „Ist wohl recht frustrierend, hinterher zu rennen und nachzubessern, da hätten sie wirklich gerne die Informationen gleich und dass da alle mithelfen bei diesen wichtigen Dingen?“ – „Das haben Sie erfasst! Also, wer sind denn nun ihre Kollegen, dann können wir das hier ins Reine bringen – krieg’ ich auch keinen Anschiss vom Chef…“ – „ou, das entspannt wahrscheinlich gehörig, wenn das wieder ins Reine gebracht ist und sie da sicher vor den Reaktionen von oben sind?“ – „Ach sagen sie nichts – aber das kennen sie ja sicher auch“ – „mhm“…

GFK aus der Haltung kommt anders daher als GFK aus der Mechanik – es mag weniger nach „formaler GFK“ klingen, denn es wirkt eben über die Haltung: Nicht mehr so oft selber getriggert sein, nicht mehr so lange getriggert sein und nicht mehr so heftig getriggert sein. Das lässt das Gegenüber als Mensch erkennen und würdigen. Diese Haltung bedingt eigene Prozesse zum Triggerabbau.

Dafür ist der GFK-Practitioner gedacht und wird von den Teilnehmenden so auch erfahren und bestätigt.

Neugierig? Willkommen!