Da soll es also einen Computer-Chip geben, der Empathie kann – so zumindest die Meldung von der Consumer Electronics Show (CES, Las Vegas) in den Medien.

EPU-Chip

Emotional Processing Unit

Das macht mich hellhörig und neugierig und ich lese weiter. Was ich da lese, bringt mich dazu, diesen Blog zu schreiben, denn meine Gedanken beim Lesen sind:

– Was verstehen wir unter Empathie?

– Kann eine Maschine das?

– Weshalb soll das eine Maschine können und weshalb ist das ein Vorteil?

Empathie wird im erwähnten Artikel mit dem Erkennen von Gefühlen beschrieben. Wie ich das aus meinem Verständnis und der Haltung der Gewaltfreien Kommunikation verstehe, passt das soweit. Doch Empathie ist noch wesentlich mehr! 

Nicht nur das Erkennen sondern auch das Zurückgeben der Gefühle, das Demonstrieren dessen, dass ich die Gefühle des anderen wahr- und ernst nehme, ohne dass ich dabei sicher gehen kann, ob mein Eindruck auch den Tatsachen entspricht. Denn unter dem Ärger liegt meist eine ganze Reihe anderer Gefühle, denen sich der Mensch im Ärger selber gar nicht bewusst ist. Das trifft für ganz viele Gefühle zu, nicht nur für Ärger: An der Oberfläche ist ein Gefühl, meist heftig und doch unklar. Tiefer darunter sind oft weitere Gefühle, allesamt nicht so ganz bewusst. Diese unbewussten Gefühle zurückgespiegelt zu erhalten, ist ein Teil der Empathie. Es ist das sich-durch-den-Empathiegeber-selber-erkennen, was die so erhaltene Empathie erst kraftvoll macht.

Im Artikel steht auch, dass dann eine „Maschine“ daraufhin angemessen reagieren könnte, zum Beispiel mit Trost. Spätestens hier hat das für mich nichts mehr mit Empathie zu tun. Ganz im Gegenteil! Trost kommt meist daher, das Gegenüber wieder in sozialverträgliche Verhaltensweisen zu bringen. Oft, weil wir selber die Gefühle des andern gar nicht aushalten. Wir sind beim Trost spenden also am „Wegmachen“. Empathie, die wirklich ankommt und sogar nachhaltig zu heilen vermag, gibt neben den Gefühlen auch die Bedürfnisse zurück. Die Bedürfnisse, deren nicht erfüllt sein sich durch unangenehme Gefühle bemerkbar machen. Dieses Doppelpack von Gefühlen und Bedürfnissen zu erhalten und sich so im eigenen Durcheinander zu sehen, erkennen und zu klären wird durchwegs als entspannend, klärend und lösend empfunden. 

Das ist wesentlich nachhaltiger als jeder gute Tip, wie ich denn mit meinem Durcheinander umgehen soll. Denn: es lässt mich nicht nur mich selber erkennen (es sagt mir also keiner „wie“ oder „was“ ich bin), ich bleibe auch in der Selbstverantwortung und Selbstermächtigung, denn ich kann selber entscheiden ob und was ich nun zur Erfüllung meiner Bedürfnisse tue.

Als Trainer für Gewaltfreie Kommunikation und Begleiter von Menschen die GFK für sich und andere anwenden können möchten, erlebe ich immer wieder wie viel tiefes Verständnis und Übung es braucht um nicht in gute Tips und schlichtes Trösten zu verfallen. Wie anspruchsvoll es sein kann die Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und vorwurfsfrei zu reflektieren.

Natürlich kann das einer Maschine beigebracht werden. Meine Frage ist hier: weiss der Entwickler was er tut? Weiss er um die subtilen doch relevanten Unterschiede von Sympathie und Empathie, von Mitgefühl und guten Ratschlägen? Ich zweifle da sehr…

Und weshalb soll das eine Maschine können? Natürlich bin ich da am interpretieren… Aufgrund meiner Erfahrung mit Menschen (inklusive mir selber) die lernen echte Empathie zu geben, sehe ich das so: Oft lösen Gefühle in unserem Gegenüber etwas aus, wir kippen selber aus unserer Mitte und können gar nicht mehr empathisch sein (das ist neurobiologisch erklärbar und nachgewiesen). Da ist es doch toll, wenn das eine Maschine kann.

Und damit sind wir bei der Konsumgesellschaft, die lieber schnell und einfach Symptome behandelt, als die Grundlage des Übels anzugehen. Statt zu lernen, wie ich reagiere und weshalb, wenn mein Gegenüber Emotionen zeigt, lass ich lieber eine Maschine „was Halbes“ machen.

Dabei wäre das Wissen um GFK und Trainings der GFK möglich. Zum Beispiel bei uns.

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