Der kanadisch-US-amerikanischer Professor für Psychologie an der Yale University in New Haven Paul Bloom hat 2014 eine These aufgestellt mit der er viel Aufmerksamkeit (und Gemüter) nachhaltig erregte. Denn das Thema ist seither immer wieder in diversen Medien aufgegriffen und teils kontrovers diskutiert worden. So zum Beispiel in den Artikeln Zuhören ohne Empathie: Emotionale Distanzierung (18. März 2019) oder Empathie blendet uns (17. Dezember 2015), um zwei zeitlich weit auseinanderliegende zu nennen. Bloom Erforscht den Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl und er sieht Empathie als oft nicht hilfreich.

Empathie interessiert mich, kontrovers – dafür und dawider – interessiert mich. Aus Sicht der GFK wird da um Strategien gerangelt, höchstwahrscheinlich ohne die Bedürfnisse dahinter zu sehen.

So nehme ich diese These und die kontroversen Diskussionen daraus als Ausgangspunkt für eine Reihe von Blogbeiträgen. Ich möchte damit einige Aspekte der GFK und deren Haltung verdeutlichen, zur Klarheit im Verständnis des Kerns der GFK beitragen – nicht an der Kontroverse teilnehmen.

In diesem Blog das Thema:

Sympathy, Empathy,Compassion

Englisch, in diesem Falle US-Amerikanisches Englisch, hat wie Deutsch, in diesem Falle Schweizer-Schriftdeutsch, eigene Wortprägungen. Worte bedeuten mehr als die Summe der Buchstaben. Diese Bedeutung kommt auch aus der Kultur, in welcher die Sprache lebt. Ebenso wird die Bedeutung durch die individuelle Prägung des einzelnen Menschen beeinflusst. So begegne ich Worten in den genannten Artikeln (wie Empathie und Mitgefühl) – und ich bin irritiert. Für mich werden die Worte für mich unterschiedliche Dinge verwendet und mitunter ausgetauscht.

Um da mehr Klarheit zu erlangen, hilft mir das Zurückgehen auf die Ursprungssprache. Und tatsächlich spricht Bloom von Empathy und Compassion. Ich nehme noch einen weiteren Englischen Ausdruck dazu: Sympathy.

Alle diese drei Worte werden in Deutsch nicht 1:1 übersetzt, sind kaum 1:1 übersetzbar. Was bedeuten für mich diese drei Worte im Amerikanisch-Englisch?

Sympathy: Ich fokussiere auf das, was meinem Gegenüber widerfahren ist. Das Geschehene nehme ich als mein Eigenes an und bleibe bei meiner Reaktion auf das Geschehene. Das erzeugt meist auch einen Schmerz, ein Leiden in mir, zieht mich mitunter mit nach unten.

Empathy: Ich fokussiere auf das, was im Gegenüber gerade lebendig ist, was mein Gegenüber fühlt und welche Bedürfnisse sich gerade melden als (un-)erfüllt. Das erzeugt eine Nähe, Intimität zum Gegenüber bei der mir klar ist, dass das so für mein Gegenüber ist.

Compassion: Dasselbe wie bei Empathy und zusätzlich gehe ich in eine Aktion um für mein Gegenüber Lebensdienlich und Bereichern zu sein.

Achtung: In Deutsch hat Sympathie eine andere Bedeutung, Empathie ist kaum so verstanden und grenzt sich kaum von Compassion ab. Mir ist es wichtig, noch weiter zu vertiefen.

Compassion kann ich unterschiedlich leben: Aus der Haltung, dass es doch meine Pflicht als anständiger und guter Bürger und Mensch ist, zu Helfen. Wenn dabei meine momentane Befindlichkeit und was mir jetzt gerade gut täte ausser Acht gelassen wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die gewünschte Lebensdienlichkeit ausbleibt – für mein Gegenüber wie für mich. Wenn ich also meine Gefühle und Bedürfnisse nicht ernst nehme und miteinbeziehe in meine Handlungen, zahlen beide drauf. Handle ich jedoch in vollem Bewusstsein über meine Bedürfnisse und in Klarheit ob und wie mein Beitrag zum Wohle des Gegenübers beitragen kann, werden beide mit grosser Wahrscheinlichkeit mehr Erfüllung erfahren.

Skeptisch? Das kann daran liegen, dass das noch nicht erlebt wurde. Um das erlebbar zu machen, bedingt es nich der Differenzierungsfähigkeit, der Fähigkeit „Dinge“ auseinander zu halten. So kann es sein, dass ich Empathie (Empathy) aufbringe für mein Gegenüber und das etwas in mir auslöst. Hier auseinander zu halten, ob das, was ich jetzt da in mir spüre, das meine oder das des Gegenübers ist, ist essentiell für die Empathiefähigkeit und eine lebensdienliche Compassion (ich benutze hier bewusst kein deutsches Wort). Und wenn da „etwas“ in mir aufkommt, nehme ich mir die Zeit um zuerst mich um mich zu sorgen, damit ich wieder ganz für mein Gegenüber da sein kann?

So gesehen ist Empathie wie ich sie verstehe und zu leben versuche das vollständige präsent sein beim Gegenüber. In Realität pendle ich immer wieder zur Präsenz mit mir, damit ich wieder Präsent mit dem gegenüber sein kann. In Klarheit darüber, dass ich weder für den Schmerz beim Gegenüber noch für das „Wegmachen“ dieses Schmerzes verantwortlich bin (Mehr dazu in einem der folgenden Blogbeiträge).

Dies wurde uns kaum in der Schule beigebracht, wir haben in der Regel keine ausgeprägte Fertigkeit in diesem Verhalten. Lernbar ist es auf jeden Fall. Und wozu wäre das gut? Ich kann in herausfordernden Situationen schmerzfrei bleiben, bleibe kraftvoll und wirkungsvoll. Mein Leben ist damit zunehmend erfüllend und leicht.

Und ich weiss: meine hier gemachten Definitionen sind meine Art, diesen Unterschiedlichen Ausprägungen, Finessen und Feinheiten zu begegnen und damit umzugehen. Und ich bin Neugierig auf Reaktionen!