-ismus

-ismus Beispiele:

  • Wir sollten etwas gegen den Krieg unternehmen – gehen wir demonstrieren! Die Welt ist massiv in Gefahr, kein Auto mehr fahren!
  • Der globale Süden wurde schon lange genug vom Kolonialismus ausgenutzt, das muss endlich aufhören. Die Strassennamen, Statuen und Wandbilder müssen aus dem Strassenbild verschwinden!
  • Frauen werden immer noch unterdrückt. Das Patriarchat muss endlich aufhören. Jeder, der alt und weiss ist, hat nichts mehr zu sagen; dann lassen wir sie gar nicht mehr zu Wort kommen. Diese Leute müssen wir canceln!

Es gibt noch einige Beispiele, sicherlich fallen auch dir einige ein.

Um es klarzustellen: Jedes dieser vier genannten Beispiele ist jeweils ein Anliegen, das ich auch in mir trage. Das sind für mich relevante und wichtige Themen, aber gleichzeitig so nicht. Deshalb sollten wir das mit den -ismen genauer betrachten.

Ohne zynisch zu sein, in vollem Ernst: Ich bin froh, dass vor allem junge Menschen oft so begeisterungsfähig sind und sich für Anliegen einsetzen, die ihnen wichtig sind. Ja, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Gesellschaft! Ich hätte wirklich gerne mehr von diesem Veränderungswillen bei älteren Semestern, zu denen ich ja auch schon gehöre. Noch mehr Freude hätte ich, wenn dabei weniger verurteilende Verallgemeinerungen und Forderungen wären, mehr Spezifika, Ausnahmen beachtet würden und andere mit einbezogen würden. Denn Forderungen, die auf Urteilen beruhen, ernten Gegenwehr und die ganze Angelegenheit bläht sich weiter auf.
Ich gehe jetzt bewusst weg von einzelnen Worten oder Aussagen. Denn auch das führt zu Haarspalterei und Rechthaberei. Ich betrachte ganz allgemein, was dahinter steckt – hinter Aktion- oder Aktivismus oder einfach jedem -ismus.

Marshall Rosenberg, der Begründer der GFK, hat gesagt: „Jeder Ismus hat nichts mit GFK zu tun.“ Was sehe ich darin?

Wenn der Ismus ein Kampf gegen etwas ist, wird zuerst einmal stark abgeurteilt, und das legitimiert wiederum jegliche Forderung nach Veränderung. Mit dem neuen Paradigma, GFK, spricht jeder über sich selbst, über seine Bedürfnisse, urteilt nicht über andere, sondern über den Füllstand seiner eigenen Bedürfnisse. Dann sucht man einen Weg, wie die eigenen und die Bedürfnisse anderer befriedigt werden können.

Interessant wird es, wenn jetzt meine Bedürfnisse über deinen stehen, weil ich den Überblick habe und du nicht. Wir fallen in die Projektion zurück (höre den betreffenden Podcasts und lese den betreffenden Blog).

Ebenfalls interessant wird es, wenn mein Anliegen grösser wird als ich, wenn ich Gleichgesinnte finde. Dann haben wir vermeintlich mehr Recht, wir sehen «es» ja alle so. Schon wieder geraten wir in die Projektion, aber auch in die Verallgemeinerung; Allianzen bilden sich und damit Ausgrenzung.

Das macht es tatsächlich herausfordernd, ein grösseres Anliegen von mehreren ins Bewusstsein anderer zu bringen und damit auch eine Veränderung zu bewirken.

Ich betrachte Demokratie als eine Form des Zusammenlebens, bei der man sich bewusst mit anderen Standpunkten auseinandersetzt und einen gemeinsamen Weg zu finden versucht. Im Idealfall läuft das so. In der Realität nicht immer. Doch mehr Recht zu haben und zu fordern oder besser zu sein als andere, anderen Meinungen gar nicht erst zuzulassen, ist meiner Meinung nach nicht hilfreich, im Gegenteil: Es spaltet die Gesellschaft zutiefst und nachhaltig, verbreitet Misstrauen und schafft Abschottung und Polarität.

Wenn es also um das Recht haben der Verhaltensweisen geht und nicht um das Anliegen selbst (in GFK: Strategie statt Bedürfnis), dann ist es für mich ein -ismus. Wenn die persönlichen Bedürfnisse klar sind, auch die der vermeintlichen Gegenseite, wenn man gemeinsam einen Weg sucht, sind wir im neuen Paradigma.

Nachdem Mahatma Gandhi den ersten passiven Widerstand gegen die britische Kolonialmacht organisiert und durchgeführt hatte (wie z.Bsp.. Salz aus dem Meer nehmen, selbst Garn spinnen und Stoff weben für sich (Merke: bei beidem sind keine anderen Menschen in Mitleidenschaft gezogen worden durch die Aktionen, nur die Kolonialmacht musste wegen der eigenen Gesetze reagieren)) kam er ins Gefängnis. Nach einigen Monaten – der Protest ging währenddessen weiter – hat ihn der Vizekönig zu sich bestellt. Im Film «Gandhi» (von Richard Attenborough aus dem Jahr 1982, mit Ben Kingsley als Gandhi) gibt es diese Szene, in der Gandhi zum Vizekönig kommt. Das Erste, was er sagt, ist «Es tut mir leid, dass ich Ihnen so viel Unannehmlichkeiten und Druck bereitet habe; es muss recht schrecklich für Sie sein – und ich bin froh, dass wir über unsere Anliegen sprechen können». Ob es wirklich so war oder nur gut erzählt, für mich ist es ein treffliches Beispiel: die anderen mit ihren Anliegen und Bedürfnissen zu sehen, echte Empathie damit zu haben und mit dem Dialog zu beginnen, nicht in der Forderung und ablehnenden Verurteilung.
Ob ich oder unser Institut Fokus Empathie, jetzt vegan, oder «woke», oder alt, weise, männlich und reich bin (im Urteil anderer), ist das eine.

Ob es einen neugierigen Austausch haben will und kann, die anderen wirklich erfassen zu wollen, ist das andere.

In meinem Einflussbereich bringe ich die Haltung des neuen Paradigmas europaweit und teilweise weltweit den Führungspersonen grosser Konzerne, den Führungskräften mit viel Einfluss, näher – für mich habe ich dort viel Einfluss auf Veränderung und Frieden.

Ich setze mich für Nachhaltigkeit in verschiedenen Formen ein, zum Beispiel bei der Betreibung unseres Instituts mit quasi autarker Elektrizität und Wärme.

Ich bemühe mich um Augenhöhe und Gleichwertigkeit mit Kolleginnen, Mitarbeitenden, Klientinnen, egal in welcher Rolle und in welchem Rang, und höre immer gerne zu, was das beim Gegenüber auslöst. Meistens Urteile …

Jeder Moment, in dem ich jemanden mit dem sehen kann, was gerade lebendig ist und auch mit meinem erleben werde, empfinde ich als verbindend. Es spendet mir Zuversicht für eine bessere Zukunft miteinander.

Denn: Veränderungen werden dann möglich, wenn wir wirklich gehört werden.

So prüfe selber:

Wo ist denn dein Einfluss, ganz konkret (Siehe Circles of Influence)?
Ist deine Strategie auch deinen Bedürfnissen förderlich und in deinem Einflussbereich?
Sind das deine Bedürfnisse? Oder übernimmst du einfach eine versteckte Strategie als Introjekt?
Bist du neugierig auf das Gegenüber und seine Sichtweise? Oder urteilst du lieber?

Siehst du dein Gegenüber als Objekt oder als Mensch?

 

 

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