Innere Haltung statt Kommunikationsmethodik

GFK als Haltung – was ist das eigentlich? Viele denken bei GFK sofort an Kommunikationstechniken, aber in Wirklichkeit ist sie viel mehr als das. Die GFK ist eine Lebenseinstellung, ein Mindset, das unsere Beziehungen und Interaktionen auf tiefe Weise beeinflusst. Heute möchte ich mit euch darüber sprechen, warum die GFK so wichtig ist und wie sie uns in verschiedenen Lebensbereichen helfen kann.

Stellen wir uns eine typische Szene vor: Ein Elternteil sagt zu seinem Kind: “Räum dein Zimmer auf.” Die Antwort des Kindes lautet: “Nö.” Die meisten Eltern würden jetzt wahrscheinlich genervt reagieren. Doch mit GFK können wir anders damit umgehen.

Statt einfach nur zu fordern, können wir nach den Bedürfnissen und Gefühlen des Kindes fragen. Wir könnten sagen: “Ah, du möchtest also selbst entscheiden, wann du aufräumst?” Das Kind könnte antworten: “Ja, ich möchte das später machen.” Wir könnten weiter nachfragen: “Bis wann möchtest du es erledigt haben?” Auf diese Weise ermöglichen wir dem Kind, seine Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken, und schaffen Raum für Dialog.

Doch ACHTUNG! Ist das gelebte GFK? Wird die Haltung, die Einstellung der Gleichwertigkeit wirklich gelebt? Meiner Erfahrung nach grösstenteils leider nicht! Noch nicht.

So sehr das auch nach GFK klingen mag, Gefühle und Bedürfnisse zum Ausdruck gebracht und erfragt werden – Augenhöhe ist da schon zu Beginn nicht da: Der Elternteil will, dass etwas sich verändert. Die Erwartungshaltung ist oft unbewusst so stark, dass mit dem Kind lediglich um einige PLATO Elemente (hier der Zeitpunkt) gefeilscht wird – Hauptsache ich kriege das Kind dazu, das Zimmer aufzuräumen. Dass dabei auch noch das Ranggefälle von Elternteil / Kind mitspielt, kommt zu kurz und mit dem Einsatz einer „weicheren Sprache“ versucht wegzumachen – was nicht gelingen kann. 

Dem Kind gehts nicht „nur“ um Selbstbestimmung des Zeitpunktes. Wenn wir das tatsächlich glauben, sehen wir unser Kind nicht ganz, sehen es lediglich als Hindernis zum aufgeräumten Zimmer… Und dabei lehren wir (unbewusst und ungewollt) unser Kind, dass es letztlich doch keine Wahl hat, langfristige Unterstützung in den eigenen Versuchen selbständig zu werden, nicht wirklich da ist und es dennoch den Ansprüchen anderer zu genügen hat. Ein selbst ermächtigtes durchs Leben gehen wird damit kaum gefördert.

Wenn mir also etwas nicht passt, ich etwas anders haben möchte als das, was gerade ist… Bin ich zuerst bereit, mich selbst ganz tief zu verstehen und meine Bedürfnisse zu ergründen? Dann kann ich von der Erwartungshaltung loslassen und NUR dann gelingt ein Austausch auf Augenhöhe.

Im Kinderzimmer-Aufräum-Beispiel ist das dann eben nicht „Ordnung“. Ordnung als „was, wann, wo, wie zu sein hat“ trägt alle Kriterien für eine Strategie, einen Weg Bedürfnisse zu erfüllen. Doch welches Bedürfnis ist es, das wir mit „Ordnung“ zu erfüllen suchen? Und was hat der Zustand des Kinderzimmers mit unserem eigenen Bedürfnis zu tun?

Kann ich also erkennen, dass sich mein Bedürfnis nach Beitragen meldet, oder das nach Einfachheit, Fluss und Leichtigkeit, oder das nach Verbindung, oder das nach Schutz und Sicherheit, etc. 

Erkenne ich, dass ich gerade meine Bedürfnisse potenziell auf mein Kind projiziere? Prüfe ich ab, ob mein Kind wirklich durch Aufräumen in Leichtigkeit, Fluss und Einfachheit kommen würde, es die Verbindung mit mir jetzt gerade wünscht und sich das über Aufräumen mehren würde? Prüfe ich ab, ob es denn will, dass beigetragen wird (oder eben nicht doch lieber selber versuchen angezeigt ist, wenn auch nicht mit dem Aufräumen und nicht jetzt), dass Schutz und Sicherheit beim Kind jetzt nicht anklingen?

Zu schnell wird das Kind spüren, wenn ich nicht wirklich echt bin, wenn es nicht wirklich gehört wird oder auch vom Elternteil nicht gehört werden will.

Vielleicht erkennst du, dass bei diesen Themen weder das Zimmer noch die Ordnung eine Rolle spielen. Dass also diese Strategie nicht förderlich wäre, die Bedürfnisse wirklich zu erfüllen. Somit bleiben beiderseits Bedürfnisse unerfüllt, somit Frust und Trennung und Widerstand gegeneinander, will beide Seiten aufeinander projizieren.

Dasselbe gilt bei der Arbeit, im Berufsleben, in der Partnerschaft, überall, wo sich Menschen treffen.

Ich wünsche dir den Mut, dich zu erkennen, bevor du interagierst. Ich wünsche dir den Mut, aus den sozio-kulturellen Verhaltensregeln ab und zu auszubrechen und echte Verbindung entstehen zu lassen.

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